«Rachepornografie» – Was ist das?
Die Revision des Sexualstrafrechts ist am 1. Juli 2024 in Kraft getreten. Neben der vieldiskutierten «Nein ist Nein»-Lösung zum Vergewaltigungstatbestand sind auch neue Tatbestände geschaffen worden, welche vom öffentlichen Diskurs kaum betroffen waren. Art. 197a StGB stellt neu das «unbefugte Weiterleiten von nicht öffentlichen sexuellen Inhalten», kurz: Rachepornografie oder Revenge Porn, unter Strafe. Das damit geschützte Rechtsgut bleibt vage. Der vorliegende Artikel informiert über Inhalt und Grenzen dieser Strafnorm, zeigt auf, wann bereits von strafbaren Handlungen auszugehen ist und wie sich Betroffene wehren können.
Was wird bestraft?
Der Hauptanwendungsfall dürften Bilder und Videos sein, welche einen sexuellen Bezug aufweisen (ohne zwingend pornografischer Natur zu sein) und nach dem Willen der darauf erkennbaren Person für rein private Zwecke entstanden sind. Zu denken ist etwa an ein Foto mit aufreizendem oder gar nacktem Inhalt, welches an den Partner gesendet wird. Der Täter kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden, wenn er den Inhalt, ohne das Einverständnis dazu, an eine Drittperson weiterleitet, resp. mit bis zu drei Jahren, wenn er das Foto veröffentlicht und damit einer unbegrenzten Anzahl von Personen zugänglich macht. Gleiches gilt beispielsweise auch für Screenshots von Nachrichten und Bildern mit sexuellen Inhalten (sog. «Sexting»). Da solche Vorkommnisse gehäuft nach einer Trennung und damit aus Rache geschehen, wird der neue Tatbestand als «Rachepornografie» umschrieben.
Weit mehr als nur Rache
Unbesehen dieser Grundidee des Gesetzgebers müssen die Rechtsanwender*innen sich an den Wortlaut des Gesetzes halten. Dieser fordert kein Rachemotiv als Tatbestandsvoraussetzung. Bestraft werden kann somit auch, wer vom Tatbestand erfasste Inhalte beispielsweise zur Belustigung oder aus Empörung weiterleitet. So kann sich grundsätzlich auch strafbar machen, wer ein unerwünscht erhaltenes Foto des entblössten männlichen Geschlechtsteils (sog. «Dickpic») an die beste Freundin weiterleitet. Fraglich ist in solchen Fällen einzig, ob die Person auf dem Foto, welche die Zustimmung zur Weiterleitung erteilen müsste, «erkennbar» ist, was aus dem Gesamtzusammenhang zu prüfen ist. Das Gesicht der Person muss dafür nicht zwingend ersichtlich sein, solange identifizierbare Rückschlüsse möglich sind, bspw. durch Tattoos, Narben, Piercings, dem ergänzten Namen oder schlicht den Gesamtumständen.
Abgrenzungen
Art. 197a StGB erfasst den Sachverhalt, bei dem das Einverständnis der abgebildeten Person zum Weiterleiten oder Veröffentlichen des Inhalts fehlt. Wurde jedoch bereits die Aufnahme ohne das Einverständnis der betroffenen Person erstellt, sind andere Tatbestände zu prüfen (insb. Art. 156, 179quater, 181, 197 StGB), welche ebenfalls zu einer Strafbarkeit führen können. Uneinig ist sich die Fachwelt zudem, wie Deepfakes einzustufen sind. Dabei handelt es sich um mit Hilfe von künstlicher Intelligenz erstellte Inhalte (bspw. ein Porno), deren Protagonisten täuschend echt erscheinen, was den persönlichen Ruf oder die Karriere der Betroffenen massiv schädigen kann. Die im Strafrecht spezialisierten Fachpersonen von Schärer Rechtsanwälte verfolgen die Entwicklungen zur strafrechtlichen Einordnung von Deepfakes eng und halten sich für eine optimale, aktuelle Beratung auf dem neusten Stand.
Vorgehen für Betroffene
Haben Sie freizügige Fotos von sich verschickt und müssen auf einmal feststellen, dass diese auf einer einschlägigen Website zu finden sind, besteht die Möglichkeit, eine Strafanzeige einzureichen, was auch gegen Unbekannt möglich ist. Für die Erarbeitung dieses Dokumentes und die weiteren Schritte stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Daneben drängt es sich häufig auf, auch zivilrechtlich gegen die Verantwortlichen vorzugehen, sodass die Inhalte möglichst schnell und vor einer unkontrollierten Weiterverbreitung wieder von der Website verschwinden. Aufgrund unserer breiten Palette an Fachpersonen stehen wir Ihnen auch dabei gerne zur Seite und unterstützen Sie umfassend.